Der Begriff TFP ist für Models und Fotografen
in etwa das gleiche, wie Albert Einstein für Wissenschaftler: Alle
kennen den Begriff – keiner versteht ihn.
__________________________________________________________________________
Obwohl: Lassen wir den Kamm weg (den, wo alle drübergeschert werden);
es gibt durchaus Spezies in dieser Branche, die sehr wohl wissen, was
sich hinter diesen geheimnisvollen drei Buchstaben verbirgt.
Dieser Artikel ist für die anderen…
Time for …
TFP
ist die gängige Abkürzung für „Time for prints" oder „Time for
pictures". Mittlerweile wird TFP immer mehr durch TFCD / TFDVD ersetzt:
„Time for CD/DVD", was nichts anderes bedeutet, als dass die
aufgebrachte Zeit mit einer Auswahl an schönen Bildern bzw. einer CD
oder DVD mit schönen Bildern entlohnt wird.
Trotz dieser relativ einfachen Bedeutung gibt es wohl nichts, was so hartnäckig falsch interpretiert und diskutiert wird.
Ein TFP-Shooting
findet immer ohne geldliche Gegenleistung statt, was bedeutet, dass
weder Fotograf noch Model irgendeinen Cent für ihre Arbeit erhalten.
Das Model investiert Zeit, der Fotograf fertigt dafür Abzüge an – keiner von beiden erhält ein Honorar!
Wir
müssen bedenken: Es gab auch eine Zeit vor der Digitalisierung der
Kameras. Aus dieser Zeit stammt auch das Wort Abzüge, die meistens im
Modelbook Verwendung fanden, damit sich das Model mit qualitativ
hochwertigen Fotos bewerben konnte.
Dementsprechend gab es auch nur
eine Auswahl an Abzügen – kein Model hätte zu dieser Zeit ernsthaft
erwartet, alle Bilder eines Shootings ausbelichtet zu erhalten und auch
kein Fotograf hätte einen solchen Riesenaufwand betrieben; alleine die
Kostenfrage hätte das nicht gerechtfertigt.
Amateurfotografen und unerfahrene Models interpretieren TFP häufig so, dass das Model sämtliche Rohdateien erhält.
Betrachten wir die Sache allerdings mal ganz nüchtern
Bei
einem Shooting von ca. 3 Stunden entstehen mitunter 500 oder weit mehr
Aufnahmen! Von diesen 500 Bildern werden wenigstens 100 dabei sein, auf
denen das Model die Augen geschlossen hat, bei 100 weiteren wird das
Model aussehen, als stünde es kurz vor einem Schlaganfall, dann ziehen
wir noch 50 ab, die einen argen Schlagschatten haben, 50 völlig
unscharfe, bei 20 wird der Hintergrund nicht gut sein, bei 30 haben die
Kleider irgendwelche überflüssigen Falten, dann gibt´s noch die 10 mit
den fiesen Augenrändern, 15 mit unvorteilhaften Speckrollen …
Dateimüll, der in mühevoller und zeitraubender Kleinarbeit aussortiert werden muss und letztendlich gelöscht werden wird.
Gute
Bilder sollen das handwerkliche Geschick und ästhetische Gespür des
Fotografen zum einen und die Ausstrahlung des Models zum anderen
widerspiegeln. Sie sind somit Werbung und Aushängeschild für beide
Seiten, also darf eine hohe Qualität hier keinesfalls unterschätzt
werden.
Es gibt durchaus Fotografen, die definitiv keine
unbearbeiteten Fotos von einem ihrer Shootings auf irgendeiner Sedcard
sehen wollen, und das aus gutem Grunde, denn nach einem ersten
(positiven oder negativen) Eindruck, kommt automatisch die Frage:
Wer hat das Bild gemacht?
Wer ist das Model?
Genau deshalb legen auch erfahrene Models größten Wert auf bearbeitete Fotos.
Best of
Es empfiehlt sich, eine „Best-of"-Auswahl
nach dem Shooting zu treffen. Die meisten Fotografen bringen
mittlerweile einen Laptop mit zu den Locations, auf dem die Fotos
betrachtet werden können, und in beinahe jedem Studio steht ein PC.
Darüber hinaus gibt es Photoshop – allerdings sind es zwei Paar ganz
verschiedene Schuhe, Photoshop zu haben und Photoshop bedienen zu
können. Unsachgemäße Handhabung kann ein Bild auch kaputt bearbeiten,
und unsachgemäße Verkleinerungen führen in der Regel zu Schärfeverlust
und Zunahme von Komprimierungsartefakten, was beides völlig untauglich
für den guten Ruf der Beteiligten ist. 10 wirklich gut bearbeitete Fotos
mit professionellen Posen des Models und gekonnter Lichtführung des
Fotografen sind hundert Mal mehr wert als eine CD mit 1.000 Bildern in
den Händen eines unerfahrenen Models, das erst ein Shooting hinter sich
hat und Photoshop für ein Fachgeschäft für Kameras hält. Außerdem kann
jede Sedcard nur eine bestimmte Anzahl Fotos zeigen – von den 10 guten
Fotos wird letztendlich vielleicht nur eins zu sehen sein. Nicht umsonst
brauchen hochbezahlte Semi-Profis manchmal 1 Tag für 1 brauchbares Foto …
Geld verdienen
Natürlich
will jeder Geld verdienen, möglichst schnell, möglichst viel und
dadurch ist bedauerlicherweise der Beruf des Models in den letzten
Jahren zu einer Art „Ich-komme-ganz-schnell-ganz-leicht-an-ganz-viel-Geld-weil-ich-ganz-schön-bin"-Job mutiert.
Dem ist aber nicht so, genauso wenig wie ein Fotograf kein „er-braucht-ja-nur-mal-eben-knipsen-Kollege" ist.
Anfänger-Models
sollten sich darüber bewusst sein, dass Modeln mitunter harte Arbeit
ist, und Hobbyknipser sollten bedenken, dass nicht jedes hübsche Gesicht
automatisch auf einem Model sitzt.
Ein Studio ist nicht immer
klimatisiert, das Licht lädt den Raum auf, das ständige Blitzen
strapaziert die Augen, und eine Pose muss stellenweise minutenlang
gehalten werden, auch wenn sich die Wade zusammenkrampft. Das Outfit
muss ständig gewechselt werden, es muss nachgeschminkt werden, das Deo
kann schon mal seinen Geist aufgeben und eben mal trinken geht
vielleicht erst, wenn das Foto mit dem knallroten Glanzlippenstift im
Kasten ist.
Haarspray muss oft gesprüht werden, manchmal muss der
Kopf unter Wasser oder das Model auf Bäume, der Fotograf schleppt
mitunter eine einige Kilogramm schwere Ausrüstung mit sich rum, muss
ständig Stative auf- oder abbauen, auf Leitern klettern, durch
Felder robben, ins Wasser gehen, bücken, knien, strecken – mit
Bandscheibenvorfall oder Herz-Kreislauf-Problemen kommt da keiner weiter!
Der Wert eines TFP-Shootings
Der Wert eines TFP-Shootings ist angesichts solch kurioser Meinungen oft viel zu weit unten in der Nahrungskette angesiedelt.
Zeit
und Geld sind beides Dinge, die wir in unsere künftige Karriere
investieren. Sowohl Model als auch Fotograf sind auf gute Fotos
angewiesen, um überhaupt eine Karriere ins Auge fassen zu können.
TFP-Shootings
sollten somit eher als eine Möglichkeit der soliden Grundausbildung für
Models und Fotografen betrachtet werden, als ein Shooting zweiter
Klasse, denn machen wir uns nichts vor: Jede qualitative Steigerung der
Sedcard steigert auch bei Payshootings die möglichen Honorare bzw. die
Chancen, den Zuschlag bei einer Shooting-Ausschreibung zu bekommen.
Die Fähigkeit zum selbständigen Posen ist für sehr viele professionelle
Fotografen die Grenze, ab der überhaupt über ein Honorar bei einem
Model nachgedacht werden kann.
Kein Mensch, der frisches Brot kauft, will verbrannte Kruste, und keiner, der ein Restaurant besucht, will kaltes Essen.
Warum
sollte ein Fotograf also ein Model bezahlen, dem er jede Pose erst
mühselig beibringen oder diese korrigieren muss, und welcher Fotograf
kann guten Gewissens Geld für unscharfe Bilder oder den besten
Schlagschatten verlangen?
Von jeher war es so, dass nur gute Qualität
gutes Geld verdient, und nicht umsonst muss jeder Azubi im Schnitt 3
Jahre lernen, um auf die Menschheit losgelassen werden zu können.
TFP-Shootings
bieten auch den Vorteil, dass eben kein Gelddruck über der Arbeit
liegt; kein Auftraggeber steht dahinter, kein Kunde muss zufrieden
gestellt werden.
Bei TFP-Shootings steht immer auch der Spaß im
Vordergrund, man kann Dinge ausprobieren, Ideen umsetzen, Posen
versuchen, Mimik üben, und eine Pause kann auch mal eine Stunde dauern,
denn dadurch steigt der Stundenlohn nicht!
Zeit
Aus diesem Grund ist der Zeitfaktor wichtig: Ein Fotograf, der einen Stundenlohn von 50,-
Euro oder mehr zahlen soll, wird nicht mal eben ganz locker 6 Stunden
mit dem Model shooten – Time is money, that´s life, ganz besonders in
dieser Branche!
Ein TFP-Shooting sollte auch auf keinen Fall als
eine Art Pflichtübung aller Fotografen oder Models missdeutet werden.
KEIN Fotograf und KEIN Model ist verpflichtet, mehrere Stunden
unentgeltlich zu arbeiten, auch nicht, wenn es großen Spaß macht.
TFP
ist keine reine Großzügigkeit oder Gefälligkeit irgendeiner Seite,
sondern eine hervorragende Investition in die eigenen Fähigkeiten und
Potenziale, die mit der gebührenden Wertschätzung umgesetzt werden
sollte, was z.B. auch mit dem angebrachten Respekt dem anderen gegenüber
einhergehen sollte.
Der Fotograf ist auf die Großzügigkeit eines
Models nicht angewiesen und umgekehrt auch nicht – keiner von beiden
kommt ohne den anderen irgendwie weiter, wobei Fotografen es hier
vielleicht noch ein bisschen leichter haben, denn sie können auch Geld
mit „nicht lebenden Modellen" verdienen, aber ein Model mit einem „nicht
lebenden Fotografen" …
Kein TFP-Shooting Ohne Vertrag
Ein
Vertrag bietet Sicherheit, er beseitigt Unklarheiten, er gibt der
anderen Partei das Gefühl, ernst genommen zu werden und unter einem
gewissen rechtlichen Schutz zu stehen.
Es ist schon vorgekommen, dass ein Model nach einem gelungenen und vorher ausdrücklich vereinbarten TFP-Shooting
gefragt hat, ob der Fotograf bar oder per Überweisung bezahlt … deshalb
Vertrag VOR dem Shooting zeigen, lesen, unterschreiben; Waschmaschinen
werden auch erst geliefert, wenn der Kunde weiß, dass er sie gekauft hat
und dieses Wissen mit seiner Unterschrift bestätigt wurde.
Es ist
sinnvoll, auch über die Länge des Shootings vertragliche Angaben zu
machen und ganz wichtig: die Art der Aufnahmen, damit der Fotograf nicht
denkt, das Model zieht sich gleich aus, weil er gerne Aktaufnahmen
machen würde, wenn das Model derweil den dicken Winterschal auspackt.
Besonders wichtig sind solche schriftlichen Vereinbarungen bei Teilakt- und Aktaufnahmen.
Es
ist nicht immer ganz einfach, sich mal eben zu entblättern oder mehrere
Stunden eine nackte Frau in erotischen Posen vor sich zu haben. Daher
bietet auch hier eine vertragliche Vereinbarung Schutz vor eventuell
falsch verstandenen Posen, denn Vollakt ist nicht gleich freizügiger Akt
und freizügiger Akt ist nicht gleich Adult. Da diese Bereich sensibel
zu handhaben sind, um niemand seiner Würde oder seiner
Selbstbeherrschung zu berauben, ist es sinnvoll, wenn jeder weiß, was
schwarz auf weiß irgendwo steht und abgeheftet werden kann. Für die
Arbeit mit nicht volljährigen Personen ist übrigens die Unterschrift
eines Erziehungsberechtigten notwendig.
TFP ist Arbeit ohne Anspruch auf Geld
Da
aber schon unentgeltlich gearbeitet wird, sollte der Spaß an der Sache
nicht zu kurz kommen, auch zu erstattende Fahrtkosten sind schon
vereinbart worden, viele Fotografen haben im Studio oder On Location
Kaffee, Wasser, Säfte oder Tee da, manchmal stehen Knabbereien auf dem
Tisch. Letztendlich machen sich solche Dinge auch immer mal gut als
Bildidee (… wenn Model mit pinkfarbenen Lippen grünem Gummibärchen den
Kopf abbeißt….), auch Begleitpersonen sind fast immer gern gesehene und
willkommene Gäste, die sowohl Fotograf und Model hilfreich zur Hand
gehen können.
Eine Begleitperson ist allerdings nicht der persönliche
Ratgeber eines professionell arbeitenden Fotografen, besonders dann
nicht, wenn der Freund des Models Dachdecker ist, aber ganz genau weiß,
dass der Fotograf jetzt was knipst, was der Freund gar nicht will, dass
das jetzt geknipst wird und dann eine Grundsatzdiskussion daraus macht.
Nur
eine stumme Begleitperson ist eine gute Begleitperson. Denn hat ein
Fotograf schon mehrere Grundsatzdiskussionsbegleiter im Studio gehabt,
wird er irgendwann keine Begleitpersonen mehr reinlassen, was man ihm
nicht verübeln kann.
Kommunikation im Vorfeld ist auch in dieser
Branche der Schlüssel für ein gelungenes Miteinander und einem zufrieden
stellenden Ergebnis für beide Seiten.
Kurzer Anruf oder ein Treffen
im Café um die Ecke, kurze Erklärung von dem, was man sich vorstellt und
dem, was man auf gar keinen Fall will, kurze Ideenbesprechung …
… dann klappt es auch mit dem Shooting!
© Info zu TFP Artikel Geschrieben von "Flo"